Prschewalskipferde halten (fast) einen Winterschlaf

Als man diese alte, in freier Natur ausgestorbene Wildpferderasse in den 1990-er Jahren wieder in ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten Innerasiens angesiedelt, wusste man nicht, ob die Tiere mit dem wilden Winter in der Mongolei bei bis minus 40 Grad Celsius zurecht kommen würden. Sie kamen zurecht. Dank eines an den Winterschlaf erinnernden gedrosselten Wärme- und Energiezustands.

Bekannt ist dieses Verhalten auch bei Wild: Rothirsche lassen im Winter das Äußere ihres Körpers während der eiskalten Nacht- und Morgenstunden auf bis zu 15° C abkühlen, was eine drastische Reduktion des Energieverbrauchs bewirkt. Der Zustand hält zwar nicht – wie z. B. bei Murmeltieren – tagelang an, kann aber durchaus einige Stunden dauern.

Auch die Prschewalskipferde lassen es im Winter äußerst ruhig angehen und bewegen sich maximal halb so viel wie im Sommer. Damit sparen sie Energie, die sie mit dem knappen Futter nur schwer wieder aufnehmen könnten. Da zehren sie lieber von angefressenem Winterspeck, der mit Frühlingsbeginn verschwunden ist. In einer Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien wurde nachgewiesen, dass ein Pferd so bis zu 60 Kilo verlieren kann.

Ebendiese Studie fand auch heraus, dass das Futter im Winter wesentlich länger im Darm bleibt als in der warmen Jahreszeit. Offensichtlich arbeitet auch der Verdauungstrakt träger, wenn es sehr kalt ist. Gemessen wurden auch Herzschlagrate und Körpertemperatur, genau genommen die Temperatur der Unterhaut. Das Ergebnis: Das Herz eines Prschewalskipferdes schlägt im eisigen Winter unheimlich langsam, nämlich nur ca. 40-mal pro Minute (im Sommer bis zu 70 Schläge pro Minute).

Dadurch fahren die Tiere ihren Stoffwechsel um bis zu 50 Prozent herunter, ähnlich wie Rothirsche. Da denkt man unwillkürlich an eine milde Form des Winterschlafs, bei dem die Körpertemperatur flexibel abgesenkt werden kann – je nach Bedarf individuell steuerbar.

Im Gegensatz zu richtigen Winterschläfern, die in Muskelstarre verfallen und sich monatelang überhaupt nicht rühren (oder anderen, die hie und da in ihren Höhlen aufwachen und etwas von ihrem Vorrat fressen), kann man einem Prschewalskipferd den Winterschlaf-ähnlichen Zustand von außen nicht ansehen. Es ist jedoch faszinierend zu wissen, dass sie nicht – wie in vielen Lehrbüchern steht – mit Fett und einem dicken Fell allein den winterlichen Temperaturen trotzen. Sondern dass sie sich selbst aktiv in einen Zustand versetzen können, den man vielleicht am ehesten – einen „flexiblen“, leichten Winterschlaf nennen könnte…